Metzler Ratings
Stille Lasten der Lebensversicherer 2023
Hatten sich doch im Zuge der Niedrigzinsphase bis Ende 2021 bei deutschen Lebensversicherern branchenweit stille Reserven von 155 Milliarden Euro angehäuft. Doch bedingt durch die Zinswende der Zentralbanken weltweit sank der Kurswert kaum verzinster Anleihen, die während der vergangenen zehn Jahre erworben wurden, massiv. Aus stillen Reserven waren so nur ein Jahr später stille Lasten von rund 105 Milliarden Euro geworden. Der Branche gelang es, auch dank des insgesamt positiveren Zinsumfeldes, die stillen Lasten bis Ende 2023 auf netto rund 75 Milliarden Euro zu drücken.
Dabei ist die Lage von Versicherer zu Versicherer wie im Vorjahr völlig unterschiedlich: So haben einige Unternehmen wie etwa die WWK und die Hannoversche nunmehr sogar stille Reserven in den Bilanzen stehen. Andere Versicherer hingegen wie beispielsweise LPV, LVM, und Cosmos weisen in ihren Jahresabschlüssen für 2023 Stille Lasten von 15 Prozent bis hin zu fast 25 Prozent aus.
„Das ist zwar insgesamt eine positive Entwicklung, jedoch kann noch keine Entwarnung gegeben werden, da von institutionellen Anlegern wie Unternehmen, Pensionskassen und Stiftungen immer häufiger Einmalanlagen bei den Lebensversicherern gekündigt und kaum neue abgeschlossen werden“, weiß Ratingspezialist Metzler. Der Grund: Die Banken können aktuell deutlich bessere Zinskonditionen bieten – und das obwohl die Lebensversicherer ihre Überschuss-Deklaration 2024 deutlich angehoben haben. Das führte unterm Strich dazu, dass die Lebensversicherer im Jahr 2023 mit 89 Milliarden Euro insgesamt vier Prozent weniger Prämien kassierten als im Jahr zuvor.
Hinzu kommt: Wegen der niedrigen Zinsen haben Versicherer in den vergangenen Jahren die Immobilienquote in ihren Portfolios kräftig erhöht. Dann stiegen die Zinsen massiv und damit für Projektentwickler und Bauträger die Finanzierungskosten. Folge: Vergangenes Jahr gingen fast 600 dieser Firmen pleite. Bekanntestes Beispiel: Die Signa-Gruppe von René Benko. Allein bei Signa hatten laut Aufsichtsbehörde Bafin 46 Versicherer Kapital angelegt. Bei neun Versicherern betrug das Signa-Engagement mehr als ein Prozent des gesamten Portfolios. Der Spitzenwert liegt laut Bafin bei 2,2 Prozent.
Zwar sieht die Bafin darin für keinen Versicherer eine wesentliche Bedrohung, da die Branche insgesamt nur rund fünf Milliarden Euro in inzwischen insolvente Bauträger und Projektentwickler investiert hat. „Doch anders als bei Anleihen können diese Verluste nicht als stille Lasten verbucht werden, sondern müssen sofort abgeschrieben werden“, weiß Ratingexperte Metzler. „Diese Verluste sind zusätzlich zu den rund 75 Milliarden Euro an stillen Lasten zu schultern. Was dazu geführt hat, dass einige Lebensversicherer selbst mit Auflösungen der Zinszusatzreserve (ZZR) im vergangenen Jahr unterm Strich lediglich auf eine Netto-Rendite von weniger als zwei Prozent kamen.“